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Europäisches-Lese-Netzwerk - Wien

Für PädagogInnen – Nationale Analyse der gegenwärtigen Lage

Nationale Analyse der gegenwärtigen Lage
Nationaler Bericht Österreich

(Europäisches-Lese-Netzwerk – Wien)

Einleitung

Dieser Bericht über die Situation Österreichs im Hinblick auf den Grundsatz „Children inspire children“ und der Verbindung zwischen positiver Einschätzung unserer kulturellen Vielfalt und der sozialen Integration in einem multikulturellen Europa enthält folgende Bereiche:

  1. Der nationale Kontext Österreichs
  2. Definition der kulturellen Vielfalt, des kulturellen Erbes und seiner Schnittmengen unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Minderheiten
  3. Die Situation des kulturellen Erbes in Österreich. UNESCO-Welterbestätten in Österreich
  4. Nationale Programme und Projekte im Zusammenhang mit dem kulturellen Erbe
  5. Reflexionen zu Methoden, die den Grundsatz „Children inspire children“ enthalten
  6. Ausgewählte Methoden, die im Rahmen des EUROCHNGE-Projekts eingesetzt werden können (kollaborative Kunstgestaltung; interkulturelle Online-Pädagogik; kollaboratives Storytelling und Poetry)
  7. Schlussfolgerungen (im Hinblick auf die Erwartungen gegenüber dem EUROCHANGE-Projekt)
  8. Quellen
1. Der nationale Kontext Österreichs

Das österreichische Kulturerbe, seine kulturelle Vielfalt mit ihren Schnittstellen

Das österreichische Kulturerbe entstand aus historischer Sicht zunächst in urgeschichtlicher Zeit, aus der wertvolle Fundgegenstände heute in verschiedenen Museen ausgestellt sind (z.B. die Venus von Willendorf, Grabbeigaben aus der Hallstattzeit...).

Erste staatenähnliche Gebilde auf österreichischem Boden errichteten die K e l t e n, die im Laufe der Zeit ins römische „Weltreich“ eingegliedert wurden. Es existieren aus dieser r ö m i s c h e n Epoche zahlreiche Fundstätten (z.B. die Zivilstadt Carnuntum in der Nähe von Wien).

Nach dem Untergang des römischen Imperiums im darauf folgenden M i t t e l a l t e r entstanden zahlreiche Klöster und wehrhafte Burgen, in deren Umkreis das dünn besiedelte Land, das zum Großteil aus Urwald bestand, urbanisiert und landwirtschaftlich genutzt wurde. Nach und nach kam Österreich unter die Herrschaft des Geschlechts der Babenberger und stieg von der Markgrafschaft zum Herzogtum auf. Wien wurde die Hauptstadt des Babenberger-Reiches. Während um die Klöster und Burgen die Landwirtschaft dominierte, entwickelte sich in den Städten ein handwerkliches Zunftwesen sowie eine wachsende Kaufmannschaft, die mit der Zeit auch die Ausbreitung einer Finanzwirtschaft bewirkte. In den ländlichen Regionen mit ihren Burgen als Zentren entwickelte sich die Kultur des Rittertums. Prachtvolle Turniere wurden veranstaltet und die literarische Form des Minnesangs (ritterlich-höfische Liebeslyrik und Liedkunst) gepflegt.

Im Mittelalter kam es zu zahlreichen Kreuzzügen, in denen der Papst die Könige und ihr militärisches Gefolge aufrief, nach Palästina zu ziehen und die heiligen Stätten des Christentums von der mohammedanischen Herrschaft zu befreien.

Die Begegnung der Ritter mit den Errungenschaften der arabischen, aber auch mit der byzantinischen Zivilisation und Kultur bildete eine bedeutsame kulturelle Schnittstelle. Neue Bedürfnisse, was Kleidung, Speisen und Gewürze, Textilien, Schmuck usw. betrifft, entstanden und wollten befriedigt werden. Das bedeutete gewaltige Impulse für Handwerk und Handel – vor allem im städtischen Bereich.

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts übernahmen die Habsburger die Herrschaft über Österreich und es entstand im Laufe der Jahrhunderte ein ausgedehnter Vielvölkerstaat, der bis zum heutigen Tag maßgeblich das Kulturerbe Österreichs ausmacht.

In der 1. Phase der habsburgischen Herrschaft entstanden zahlreiche Bauwerke im Stil der G o t i k; als ein besonders bedeutsames Bauwerk der G o t i k gilt der Wiener Stephansdom.

Es folgte die Zeit der R e n a i s s a n c e, einer von Italien ausgehenden Kunstrichtung. Zwar entwickelte sich auf dem Gebiet der Malerei eine eigenständige Donauschule, jedoch waren die Einflüsse Italiens und der Niederlande unübersehbar. Die Wandmalerei erhielt durch die neue Technik des Sgraffito weite Verbreitung.

Die Bildhauerei erlangte eine größere Selbständigkeit. Auch die profane Architektur brachte bedeutende Leistungen hervor (z.B. Schloss Porcia, Schallaburg, Schloss Tratzberg, Stallburg der Wiener Hofburg...).

Im 17. und 18. Jahrhundert dominierte die heute allgemein als kulturhistorische Epoche bezeichnete europäische Stilrichtung – das B a r o c k. Mit der Gegenreformation erreichte die Entfaltung der höfischen Kultur in allen künstlerischen Sparten einen Höhepunkt. Nach dem Ende der 2. Wiener Türkenbelagerung und dem später folgenden Ende einer jahrhundertelangen Schicksalsfeindschaft mit dem osmanischen Reich sowie der Eroberung riesiger Gebiete begann eine überaus rege Bautätigkeit, welche die Grundlage zur Entfaltung aller anderen Kunstbereiche bildete. Obwohl mit Frankreich eine politische Rivalität bestand, beeinflusste die Prachtentfaltung des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Fischer von Erlachs Idealplanung des Schlosses Schönbrunn und die Prachtbauten des Lucas von Hildebrand für Prinz Eugen (z.B. Schloss Belvedere) sowie Stift Melk (Jakob Prandtauer).

Auch im Bereich der Musik kam es zu einer enormen Ausweitung, verursacht u.a. durch die Entwicklung im Instrumentenbau. Eine erste Blütezeit erlebte die Oper am habsburgischen Hof – zunächst ganz von Italien beeinflusst (Muffat, Monteverdi usw.). Im weiteren Verlauf wurde der Adel zum Träger des Musiklebens (z.B. Fürst Esterhazy in Eisenstadt), dennoch blieb Wien Hauptstadt des österreichischen Musiklebens. Aus dem musikalischen R o k o k o entwickelte sich die Wiener Klassik mit ihren berühmten Vertretern Haydn, Mozart und Beethoven.

Überall im österreichischen Reichsgebiet entstanden Theater, in denen sowohl große Opern als auch Singspiele und musikalisch durchsetzte Theaterstücke aufgeführt wurden. Befördert wurde diese Entwicklung durch das immer stärker zunehmende bürgerliche Interesse am musikalischen Geschehen und auch an sonstigen kulturellen Belangen.

Nach dem Ende der napoleonischen Kriege erlebte Österreich eine kulturelle Blütezeit, obwohl – oder gerade deshalb – der Staatskanzler Metternich im Auftrag der habsburgischen Kaiser ein repressives Regime führte.

Im Bereich Musik steht Franz Schubert als bedeutendster Vertreter der R o m a n t i k für eine Vielzahl von Komponisten.

In adligen und bürgerlichen Salons wurde Hausmusik veranstaltet, in großen Städten wurden Musikvereine gegründet, deren Orchester und Chöre tlw.. noch bis in unsere Zeit bestehen (z.B. die Wiener Philharmoniker).

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und um die Jahrhundertwende entwickelte sich das österreichische Musikleben zu neuen Höhepunkten. Dies zeigte sich vor allem im symphonischen Schaffen von Johannes Brahms, Anton Bruckner und Gustav Mahler. In der gehobenen Unterhaltungsmusik schufen die Familie Strauß, Josef Lanner und Franz von Suppe´ berühmte Tänze (Walzer, Polkas...) und Operetten, später dann Franz Lehar´.

Auf dem Gebiet der Literatur wird die Frage, ob eine spezifisch österreichische Literatur im deutschen Sprachraum existiert, bis heute diskutiert. Tatsache ist, dass in allen Ländern der habsburgischen Monarchie Deutsch als Amtssprache galt und somit viele Schriftsteller bis Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Werke auf Deutsch verfassten (z.B. Franz Kafka, Karl Emil Franzos...). Daher besteht die literaturwissenschaftliche Tendenz, diese Werke dem österreichischen Kulturerbe zuzuordnen.

Von Beginn der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts an trat plötzlich eine Reihe von bedeutenden Dichtern in Erscheinung: Franz Grillparzer, Adalbert Stifter, Ferdinand Raimund, Johann N. Nestroy, Nikolaus Lenau, Marie Ebner-Eschenbach, Ferdinand Saar. Zunächst noch dem romantischen Zaubermärchen verhaftet ging die literarische Entwicklung in Richtung Sozialkritik und Naturalismus, besonders nach dem revolutionären Geschehen im Jahr 1848. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es durch den rasanten Ausbau des Eisenbahnnetzes in der Monarchie und der Entwicklung des nationalen Selbstbewusstseins der einzelnen Völker zur Ausprägung eigenständiger kultureller Entwicklungen (Ungarn, Böhmen und Mähren usw.), die aber miteinander in ständigem Austausch standen.

Besonders die Reichsmetropole Wien geriet zum multikulturellen Brennpunkt, zum multinationalen Mittelpunkt des Reiches. Mit der Schleifung der Befestigungsanlagen und der Errichtung der legendären Wiener Ringstraße mit ihren Bauwerken im Stil des Historismus erlebte Wien eine letzte kulturelle Hochblüte auf allen Gebieten von Kunst und Wissenschaft.

Der Erste Weltkrieg bildete ein schreckliche Zäsur. Das Staatsgebiet Österreichs schrumpfte zu einem kleinen Rest des ehemaligen Vielvölkerstaates, zur 1. Republik (1918-1933).

Nach 1918 erlebte Wien eine gewisse kulturelle Hochzeit durch die Entwicklung einer Kultur, die vor allem den sozial Schwächeren zugutekam. Bekannt wurde der kommunale Wohnbau (z.B. der Karl-Marx-Hof).

Mit dem Austrofaschismus (1933-1938) begann ein kultureller Niedergang, der mit der Auslöschung des Staates Österreich durch die Eingliederung der „Ostmark“ ins national-sozialistische deutsche Reich seinen absoluten Tiefpunkt erreichte. Erst mit der Wiedererrichtung der Republik im Jahr 1945 konnte ein kultureller Aufstieg neu anfangen.

2. Definition der kulturellen Vielfalt, des kulturellen Erbes und seiner Schnittmengen unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Minderheiten

Das Kulturerbe ist Ausdruck der von einer Gemeinschaft entwickelten und von Generation zu Generation weitergegebenen Lebensweisen, einschließlich Bräuche, Praktiken, Orte, Objekte, künstlerische Ausdrucksformen und Werte. Das kulturelle Erbe wird oft in immaterielles oder materielles kulturelles Erbe eingeteilt (ICOMOS, 2002).

Als Teil der menschlichen Tätigkeit produziert das Kulturerbe greifbare Darstellungen der Wertesysteme, Überzeugungen, Traditionen und Lebensstile. Als wesentlicher Bestandteil der gesamten Kultur enthält das Kulturerbe diese sichtbaren und greifbaren Spuren von der Antike bis zur jüngsten Vergangenheit.

Das kulturelle Erbe ist ein weit gefasstes Konzept.

Typen des Kulturerbes:

Das kulturelle Erbe kann unterschieden werden in:

Materielles und immaterielles Erbe:

Einst ausschließlich auf die monumentalen Überreste der Kulturen bezogen, hat sich das Kulturerbe als Konzept allmählich zu neuen Kategorien entwickelt. Heute stellen wir fest, dass sich das Erbe nicht nur durch materielle Formen wie Artefakte, Gebäude oder Landschaften, sondern auch durch immaterielle Formen manifestiert. Das immaterielle Erbe umfasst Stimmen, Werte, Traditionen, Oral History. In der Bevölkerung wird dies durch Speisen, Kleidung und Formen der Unterbringung, traditionelle Fähigkeiten und Technologien, religiöse Zeremonien, darstellende Kunst und Geschichtenerzählen wahrgenommen. Heute betrachten wir das materielle Erbe als untrennbar mit dem immateriellen Erbe verbunden.

Eine besondere Stellung nehmen in Österreich Minderheiten ein, die dem republikanischen Reststaat nach 1918 vom Vielvölkerstaat der Monarchie geblieben sind. Zu ihrem Schutz wurde das sogenannte Volksgruppengesetz (Bundesgesetz vom 7. 7. 1976 über die Rechtsstellung von Volksgruppen in Österreich) erlassen. Das Volksgruppengesetz definiert Volksgruppen als in Teilen des Bundesgebietes beheimatete Gruppen österreichischer Staatsbürger mit nichtdeutscher Muttersprache und eigenem Volkstum. Die Erhaltung der Volksgruppen und die Sicherung ihres Bestandes sollen durch folgende Instrumentarien gewährleistet werden:

  1. Einrichtung von Volksgruppenbeiräten zur Beratung der Bundesregierung und der Bundesminister in Volksgruppenangelegenheiten. Derzeit (2000) sind durch Verordnung der Bundesregierung Volksgruppenbeiräte für Kroaten, Slowenen, Ungarn, Tschechen, Slowaken und Roma eingerichtet.
  2. Volksgruppenförderung durch Geldleistungen oder andere Unterstützungsmaßnahmen.
  3. 2-sprachige topographische Bezeichnungen in festgelegten Gebietsteilen.
  4. Bei bestimmten Dienststellen und Behörden kann die Sprache der Volksgruppe als Amtssprache gebraucht werden; im Verkehr mit diesen Behörden hat jedermann das Recht, sich der Sprache der Volksgruppe zu bedienen. Im Jahr 2000 wurden die grundlegenden Rechte der Volksgruppen in die österreichische Bundesverfassung aufgenommen. Dazu gehört auch das Recht auf Bildung in der autochthonen Sprache – und zwar vom Kindergarten bis zur Matura. Dem wurde weitgehend entsprochen, zumindest bis zur Sekundarstufe I. Außerdem gibt es zahlreiche Kulturvereine, in denen das autochthone Kulturerbe gepflegt und weiter entwickelt wird.

Österreich gilt als traditionelles Asylland, das in Krisenzeiten wiederholt uneigennützig Flüchtlinge aufgenommen hat, insbesondere aus den damaligen Oststaaten: Ungarnflüchtlinge 1956, Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei nach der Niederwerfung des „Prager Frühlings“ 1968 und Flüchtlinge aus Polen 1980 nach Verhängung des Kriegsrechts über Polen.

Menschen aus Serbien in Österreich bilden den Teil der serbischen Diaspora in Österreich und gelten neben den Deutschen und jenen aus der Türkei als die größte Migrantengruppe des Landes. Die genaue Zahl der ethnischen Serbinnen und Serben in Österreich ist nicht bekannt, da in den Volkszählungen nur nach Staatsangehörigkeit und Muttersprache gefragt wird und nicht nach ethnischer Zugehörigkeit. Die gesamte Zahl der in Österreich lebenden Personen serbischer Abstammung wird auf rund 250 000 geschätzt. Nach der österreichischen Volkszählung im Jahre 2001 gaben damals 177 320 Menschen serbisch als ihre Umgangssprache an, dies beinhaltet auch Doppelangaben deutsch/serbisch. Von diesen Personen besaßen 41 944 die österreichische Staatsbürgerschaft. Als Türken in Österreich werden umgangssprachlich sowohl in Österreich lebende Türkinnen und Türken als auch österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit türkischem Migrationshintergrund bezeichnet. Zurzeit stellen sie – nach deutschen und serbischen Menschen – die drittgrößte Migrationsgruppe Österreichs.

Der gerade in den letzten Jahrzehnten erhöhte Zuzug von Menschen aus dem Ausland, die es zumeist aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich zog, führte zu einer zunehmend fremdenfeindlichen Stimmung, die letztlich die Verschärfung der österreichischen „Ausländergesetze“ bewirkte; die Folge sind derzeit deutlich sinkende Zuzugsraten.

3. Die Situation des kulturellen Erbes in Österreich

Am 18. Dezember 1992 ratifizierte die Republik Österreich das UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt. In Kraft trat es für Österreich drei Monate später, am 18. März 1993. Mit der Unterzeichnung verpflichtete sich Österreich, die innerhalb seiner Grenzen gelegenen Kultur- und Naturerbestätten mit außergewöhnlichem universellem Wert zu schützen und zu erhalten und im Rahmen des Übereinkommens internationale Hilfe und Unterstützung zu leisten.

Mit der Nominierung und Aufnahme einer Stätte in die Welterbeliste muss auch jede Stätte einen umfassenden Managementplan einreichen sowie eine/einen Welterbemanager*in ernennen. Welterbe zu sein ist nämlich keine einmalige Auszeichnung, sondern eine fortwährend Anstrengung, um die Stätte auch für zukünftige Generationen in ihrer Besonderheit und Schönheit zu erhalten.

Seither wurden von Österreich 10 Stätten in die Welterbeliste aufgenommen. Stätten werden nur dann in die Liste des Welterbes aufgenommen, wenn sie mindestens eines der in der Konvention festgelegten zehn Kriterien, sowie die Kriterien der „Einzigartigkeit“ und „Authentizität“ (bei Kulturstätten) bzw. der „Integrität“ (bei Naturstätten) erfüllen. Die Aufnahme in die Welterbeliste ist Auszeichnung und Verpflichtung zugleich: die Stätten müssen nach Bestand und Wertigkeit durch ein entsprechendes Management und nationale Schutzmaßnahmen auch für zukünftige Generationen erhalten werde.

UNESCO-Welterbestätten in Österreich

Materielles Erbe:

Historisches Zentrum von Graz und Schloss Eggenberg

Über Jahrhunderte hinweg hat sich rund um den Schlossberg mit dem berühmten Uhrturm ein Stadtbild entwickelt, das seit dem Mittelalter die wichtigsten Stile von der Gotik über Renaissance, Barock, Historismus und Jugendstil bis zur zeitgenössischen Architektur in eindrucksvollen Bauwerken abbildet. Einen besonderen Eindruck vom Leben im Mittelalter gewinnt der Besucher übrigens im weltberühmten Zeughaus. Aber auch die Straßen und Gassen von Graz legen Zeugnis von der kulturellen Bedeutung einer Stadt ab, in der Kunst und Kultur auch im Alltag bestimmend sind.

Das Barockschloss Eggenberg, nach 1625 vom Italiener Pietro de Pomis als Residenz des kaiserlichen Statthalters Hans Ulrich von Eggenberg (1568-1634) errichtet, stellt mit seinen 24 Prunkräumen – mit dem großen Planetensaal im Zentrum – und dem Zyklus von über 500 Deckengemälden des 17. Jahrhunderts ein symbolisches Abbild des Universums.

Semmeringbahn

Der schönste Weg von Wien in den Süden Österreichs führt via Eisenbahn in die Region des „Zauberberges“ Semmering. Bereits 1841 hatte der damalige Staatsminister Karl Friedrich Kübeck den Auftrag zur Errichtung einer Bahnlinie nach Triest erteilt. Unter der Leitung des aus Venedig stammenden Bauingenieurs Carl Ritter von Ghega wurde die Bahn ab 1848 in einer technischen und baulichen Meisterleistung in nur sechs Jahren über den fast 1.000 Meter hoch gelegenen Pass (damals der höchste auf Schienen erreichbare Punkt der Welt) gebaut. Die Strecke wurde schon zu ihrer Zeit als harmonische Kombination von Technologie und Natur verstanden und prägt nach wie vor diese einzigartige Kulturlandschaft.

Kulturlandschaft Hallstatt-Dachstein / Salzkammergut

Inmitten des legendenumwobenen Salzkammergutes liegt am Fuße des mächtigen Dachsteins eine Perle der besonderen Art: Die historische Kulturlandschaft mit Hallstatt, Gosau, Obertraun und Bad Goisern ist von einer sich über dreieinhalb Jahrtausende erstreckenden kulturellen Kontinuität geprägt. Die Salzgewinnung reicht bis in die mittlere Bronzezeit zurück und begründete den Reichtum der Bevölkerung.

Kulturlandschaft Neusiedler See

An Mitteleuropas größtem Steppensee begegnen einander Puszta und Schilfgürtel, treffen liebliche Weinberge auf einen weiten Horizont. Von Österreich und Ungarn gemeinsam nominiert, erstreckt sich das grenzüberschreitende Gebiet von der Tiefebene über den See und dessen riesigen Schilfgürtel zu malerischen Ortschaften, prachtvollen Weingärten und ausgedehnten Hutweiden.

Historisches Zentrum von Salzburg

Salzburg, im Herzen Europas gelegen, verdankt seinen Ruhm in aller Welt dem unvergleichlichen Zauber seiner städtebaulichen Erscheinung, der landschaftlichen Schönheit seiner Umgebung und der Fügung, dass Wolfgang Amadeus Mozart hier im Jahre 1756 geboren wurde.

Schloss und Park von Schönbrunn

Die Sommerresidenz der Habsburger mit dem weltberühmten Tiergarten bildet den Höhepunkt jedes Wien-Besuchs. Die imperiale Schlossanlage von Schönbrunn mit ihren Nebengebäuden und weitläufigen Gärten zählt zu den kulturhistorisch und künstlerisch bedeutendsten barocken Anlagen Europas.

Kulturlandschaft Wachau

Dieser kurze Abschnitt der Donau – 36 km von insgesamt 2.800 km – wird durch die vielfältige Landschaftsstruktur, die bedeutenden Kulturdenkmäler und kleinstädtischen Ensembles zu einer historischen Kulturlandschaft von besonderem Wert. Naturlandschaften – wie etwa das gewundene Donautal, Auwälder, schroffe Felsformationen – und vom Menschen gestaltete Elemente – wie zum Beispiel die Weinbauterrassen, typische Ortschaften und Flurformen, Stifte, Burgen, Ruinen – ergänzen einander harmonisch.

Wiener Altstadt

Wiens historisches Zentrum zählt in seiner Geschlossenheit zu den schönsten Stadtdenkmälern Europas. Drei Epochen prägen die ehemalige Residenzstadt der Habsburgerkaiser: das Mittelalter mit dem gotischen Stephansdom, die Barockzeit, deren bedeutendstes Erbe die Hofburg mit ihren üppigen Kuppeln darstellt und die Ringstraßenära des späten 19. Jahrhunderts, in der prachtvolle Bauten wie die Staatsoper und das Kunsthistorische Museum entstanden. Allerdings wurde dieses Weltkulturerbe von der UNESCO 2018 auf die rote Liste gesetzt, da der geplante Neubau eines Hochhauses aufgrund seiner Höhe den Gesamteindruck des Stadtbildes zu sehr beeinträchtigen würde.

Pfahlbauten rund um die Alpen

Das UNESCO-Welterbe Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen erstreckt sich über sechs Länder rund um die Alpen – neben Österreich liegen die prähistorischen Stätten in Deutschland, Frankreich, der Schweiz, in Italien und Slowenien. An drei österreichischen Seen liegen bedeutende Fundstätten der Pfahlbaukultur, am Attersee und am Mondsee in Oberösterreich sowie am Keutschachersee in Kärnten.

Weltnaturerbe Buchenwälder im Nationalpark Kalkalpen

Der Nationalpark Kalkalpen ist der Inbegriff einer Waldwildnis. Er erstreckt sich über die waldreichen Gebirgszüge des Reichraminger Hintergebirges und des Sengsengebirges. Mit 209 Quadratkilometern Fläche ist er der größte Waldnationalpark Österreichs, drei Viertel dieser Fläche sind Wildnis. Mehr als 5.000 Hektar alte Buchenwälder im Nationalpark Kalkalpen wurden nun – gemeinsam mit ähnlichen Naturräumen in 10 europäischen Staaten – auf die Liste des Weltnaturerbes der UNESCO gesetzt.

Linz – UNESCO City of Media Arts

Mit dem Titel „UNESCO City of Media Arts“ hat sich Linz als Zentrum für Medienkunst etabliert und zählt, wie etwa auch Lyon, Sapporo, Tel Aviv und Dakar zu den weltweit besonders zukunftsorientierten Orten. Daher steht für die Donaustadt nicht nur der Blick auf die vielen historischen Sehenswürdigkeiten im Vordergrund.

Immaterielles Kulturerbe

Österreich begeht im heurigen Herbst das zehnjährige Jubiläum der Ratifizierung der Konvention zum IMMATERIELLEN KULTURERBE.

Ziel der Präsentation solcher modellhafter Beispiele ist es, „...die nachhaltige Praxis der Weitergabe und Innovative Entwicklung aufzuzeigen, anzuerkennen und zu dokumentieren.“ *

Unter den Neuaufnahmen aus allen Bundesländern finden sich u.a. folgende Traditionen:

Insgesamt hat das Österreichische Verzeichnis aktuell nun 117 Einträge.

* IKE: Good Practice Beispiele gesucht/UNESCO-Kommission Aussendung

4. Nationale Programme und Projekte im Zusammenhang mit dem kulturellen Erbe

Verschiedene Institutionen in Österreich organisieren nationale Programme und Projekte im Zusammenhang mit dem kulturellen Erbe. Die wichtigsten sind die Projekte der Österreichischen Nationalbibliothek und des Bundesdenkmalamtes, um nur zwei der zahlreichen Institutionen zu nennen. Auch verschiedene Museen und Galerien haben spezielle Programme für Kinder, die mit dem kulturellen Erbe verbunden sind.

In der Österreichischen Nationalbibliothek gibt es spezielle Programme für Grund- und Sekundarschulkinder, die „Wissenswelten“ genannt werden. Die Programme sind altersspezifisch ausgerichtet.

Schulklassen besuchen den Festsaal, das Papyrusmuseum und das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek. Neben den Führungen entwickeln die Schülerinnen und Schüler multimediale „Ratgeber“ für das Internet: In der Projektarbeit erarbeiten sie eigene Beiträge zu den von ihnen ausgewählten Ausstellungen. Die Ergebnisse werden ins Internet gestellt.

Die Nationalbibliothek hat ein neues Vermittlungsprogramm als Integrationsmaßnahme für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund eingeführt. Die einstündigen Veranstaltungen verbinden Sachinformationen mit der Förderung des Verständnisses und der Akzeptanz der österreichischen Kultur. Lebensgeschichten berühmter – vor allem weiblicher – Persönlichkeiten wie Maria Theresia zeigen die historische Bedeutung, die einzelne Menschen haben können. Auch dieses Programm ist altersspezifisch ausgerichtet.

Das Österreichische Bundesdenkmalamt bietet Programme für Schulen zum österreichischen Kulturerbe an.

Es gibt einerseits Einzelprojekte, die sich einem bestimmten Thema widmen und ganzjährig oder zeitlich begrenzt laufen, andererseits gibt es parallel dazu laufende Kooperationen mit Projektschulen oder Projektklassen über mehrere Schuljahre.

Beispiele für einige Programme des Österreichischen Bundesdenkmalamtes mit Schulen:

Denkmalschutz

Medien für das Klassenzimmer

Das Denkmalamt bietet didaktisch aufbereitete Lehrmittel zum Denkmalschutz und die Denkmalforschung für alle Schultypen.

Denkmaltage für Schulen

Die Denkmaltage für Schulen sind ein Schwerpunkt im Kulturvermittlungsprogramm der Institution LERNORT DENKMAL.

Sie beginnen bereits zu Beginn des Schuljahres. In Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt können Schulen Projekte konzipieren und umsetzen – ganz nach dem jährlichen Motto des Tages des Kulturerbes.

Lehrmaterialien zum UNESCO-Weltkulturerbe

Im Jahr 2003 entwickelte die Österreichische UNESCO-Kommission eine Mappe mit dem Titel „Welterbe für Jugendliche“ als Ringbuch. Unter dem Titel „Welterbe für Jugendliche – Österreich“ wurde Ende September 2007 eine Broschüre für Lehrerinnen und Lehrer zu den österreichischen Welterbestätten veröffentlicht. Das Interesse der Jugendlichen für das Welterbe soll geweckt werden und zu einer Auseinandersetzung mit den österreichischen „Schätzen der Menschheit“ führen. Konkrete Beispiele und Geschichten veranschaulichen die Besonderheiten der acht Welterbestätten in Österreich. Darüber hinaus werden ähnliche Welterbestätten aus anderen Ländern vorgestellt.

Cultural diversity, cultural heritage and education in Austria
Auszüge aus den österreichischen Grundschul-Lehrplänen und jenen der Sekundarstufe I

(allgemeine und teilweise besondere Bestimmungen, in denen auf kulturelles Erbe, kulturelle Vielfalt und soziale Integration hingewiesen wird)

Im österreichischen Grundschullehrplan wird in den allgemeinen Bildungszielen bereits im ersten Absatz festgehalten, dass die jungen Menschen „dem politischen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen (sein sollen) sowie befähigt werden, am Wirtschafts- und Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil zu nehmen...“.

Im dritten und vierten Absatz wird besonders auf die Bedeutung der interkulturellen Bildung hingewiesen:

„Eine besondere sozialerzieherische Aufgabe erwächst der Grundschule dort, wo sie interkulturelles Lernen ermöglichen kann, weil Kinder mit deutscher und nichtdeutscher Muttersprache unterrichtet werden. Die Aspekte des interkulturellen Lernens unter besonderer Berücksichtigung des Kulturgutes der entsprechenden Volksgruppe werden im besonderen Maße in jenen Bundesländern zu verwirklichen sein, in denen Angehörige einer Volksgruppe bzw. österreichische und ausländische Kinder gemeinsam unterrichtet werden.

Im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem jeweils anderen Kulturgut sind insbesondere Aspekte wie Lebensgewohnheiten, Sprache, Brauchtum, Texte (zB Erzählungen, Märchen, Sagen), Tradition, Liedgut usw. aufzugreifen. Interkulturelles Lernen beschränkt sich nicht bloß darauf, andere Kulturen kennen zu lernen. Vielmehr geht es um das gemeinsame Lernen und das Begreifen, Erleben und Mitgestalten kultureller Werte.

Aber es geht auch darum, Interesse und Neugier an kulturellen Unterschieden zu wecken, um nicht nur kulturelle Einheit, sondern auch Vielfalt als wertvoll erfahrbar zu machen. Interkulturelles Lernen soll in diesem Zusammenhang einen Beitrag zum besseren gegenseitigen Verständnis bzw. zur besseren gegenseitigen Wertschätzung, zum Erkennen von Gemeinsamkeiten und zum Abbau von Vorurteilen leisten. Ausgehend von schulischen und außerschulischen Erfahrungen mit Menschen aus anderen europäischen Staaten, insbesondere aus einem an das eigene Bundesland angrenzenden Nachbarstaat soll interkulturelles Lernen helfen, europäisches Bewusstsein bzw. Weltoffenheit anzubahnen. Querverbindungen zum didaktischen Grundsatz des sozialen Lernens und zum Unterrichtsprinzip Politische Bildung einschließlich Friedenserziehung sind sicherzustellen.

Eine besondere sozialerzieherische Aufgabe erwächst der Grundschule dort, wo sie interkulturelles Lernen ermöglichen kann, weil Kinder mit deutscher und nichtdeutscher Muttersprache unterrichtet werden. Die Aspekte des interkulturellen Lernens unter besonderer Berücksichtigung des Kulturgutes der entsprechenden Volksgruppe werden im besonderen Maße in jenen Bundesländern zu verwirklichen sein, in denen Angehörige einer Volksgruppe bzw. österreichische und ausländische Kinder gemeinsam unterrichtet werden.

Im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem jeweils anderen Kulturgut sind insbesondere Aspekte wie Lebensgewohnheiten, Sprache, Brauchtum, Texte (z.B. Erzählungen, Märchen, Sagen), Tradition, Liedgut usw. aufzugreifen. Interkulturelles Lernen beschränkt sich nicht bloß darauf, andere Kulturen kennen zu lernen. Vielmehr geht es um das gemeinsame Lernen und das Begreifen, Erleben und Mitgestalten kultureller Werte.

Im Lehrplanzusatz „Deutsch für Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache“ wird die Bedeutung des interkulturellen Lernens noch einmal vertieft:

„Der Erwerb der Zweitsprache Deutsch durch Schüler nichtdeutscher Muttersprache ist Teil von vielfältigen interkulturellen Lernvorgängen, die sich als ein Mit- und Voneinanderlernen von Menschen verschiedener Herkunftskulturen auffassen lassen und auf jeden Kulturbereich beziehen können. Beim interkulturellen Lernen geht es vor allem darum, die spezifischen Lebensbedingungen der Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache und die aus der Migration erwachsenden Probleme zu berücksichtigen sowie die Bereitschaft und Fähigkeit zu entwickeln, Aspekte der eigenen Kultur darzustellen, das Anderssein des jeweiligen anderen wahrzunehmen, zu verstehen und sich damit kritisch auseinander zu setzen; unter Umständen vorhandene Vorurteile gegenüber anderen Kulturen abzubauen, die eigene Kultur zu relativieren und entsprechend diesen Einsichten zu handeln. Zugleich gilt es aber auch, kulturelles Selbstwertgefühl und eine von Friedfertigkeit und Toleranz getragene kulturelle Identität zu bewahren bzw. aufzubauen. In der Schule soll interkulturelles Lernen als Chance für eine inhaltliche und soziale Bereicherung aller Schüler zur Vorbereitung auf ein Leben in einer multikulturellen Weltgemeinschaft erfahren und genützt werden. Diese Einbettung des Erwerbs der Zweitsprache in das interkulturelle Lernen soll kooperatives Von- und Miteinanderlernen aller Schüler ermöglichen.“

Lehrplan der Neuen Mittelschule

Leitvorstellungen

Der Bildungs- und Erziehungsprozess erfolgt vor dem Hintergrund rascher gesellschaftlicher Veränderungen insbesondere in den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Technik, Umwelt und Recht. Der partizipative Prozess in einem gemeinsamen Europa, in einer global vernetzten Gesellschaft mit internationalen Märkten führt zu Fragen der interkulturellen Begegnung und Herausforderungen im Bereich Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter. In diesem Zusammenhang kommt der Auseinandersetzung mit der regionalen, österreichischen und europäischen Identität unter dem Aspekt der Weltoffenheit besondere Bedeutung zu. Gegenseitige Achtung, Respekt und Anerkennung sind wichtige Erziehungsziele insbesondere im Kontext des gesellschaftlichen Umgangs mit Vielfalt, Differenz und Identität. In Klassengemeinschaften von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Erstsprachen und unterschiedlichen kulturellen Hintergründen ist neben der sicheren Verwendung der Unterrichtssprache dem respektvollen Umgang mit Sprachenvielfalt und der Begegnung der Kulturen im Alltagsleben besonderes Augenmerk zu widmen. Schulen sind im Zuge von „Gender Mainstreaming“ und Gleichstellung der Geschlechter angehalten sich mit der Relevanz der Kategorie Geschlecht auf allen Ebenen des Lehrens und Lernens auseinanderzusetzen.

Allgemeine didaktische Grundsätze

Interkulturelles Lernen

Aufgabe des interkulturellen Lernens ist das Begreifen, Erleben und Mitgestalten kultureller Werte beim gemeinsamen Lernen und nicht nur die Vermittlung von Kenntnissen über andere Kulturen. Sensibilität für die psychische und soziale Situation von Kindern mit Migrationshintergrund ist besonders wichtig. Der Zusammenhalt in der Klasse wird dadurch gefördert, dass alle Schülerinnen und Schüler als gleichberechtigte Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Diskursgemeinschaft der Klasse ihre besonderen Fähigkeiten und Stärken, zum Beispiel ihre Mehrsprachigkeit, einbringen und dafür Anerkennung erfahren. Interkulturelle Bildung behandelt nicht nur Fragen der Kommunikation über sprachliche Unterschiede hinweg, sondern auch die Zusammenhänge zwischen Sprachen und ihren kulturellen Hintergründen, Fragen des Austauschs und des Verstehens zwischen Gruppen verschiedener sprachlicher, sozialer, geographischer bzw. sonstiger Herkunft und damit Fragen der individuellen und sozialen Identität sowie der Zugehörigkeit und der Strategien zum Umgang mit kulturellen Praktiken. Gleichwertigkeit und gleiche Gültigkeit sind Leitbegriffe, an denen sich die Erziehung der Schülerinnen und Schüler zu Akzeptanz, Respekt und gegenseitiger Achtung und Wertschätzung orientieren soll. Die Normalität des Anderen soll zunehmend zur Selbstverständlichkeit werden. Interkulturelles Lernen leistet seinen Beitrag dazu, indem es eine sprachliche und kulturelle Vielfalt in einer inklusiven Lernkultur fördert und pflegt.

Bildungsbereich Kreativität und Gestaltung

Neues zu schöpfen sowie Gedanken und Gefühle verbal und nonverbal zum Ausdruck zu bringen sind wesentliche Teile des menschlichen Lebens. Den Schülerinnen und Schülern ist Gelegenheit zu geben, selbst Gestaltungserfahrungen zu machen und über Sinne führende Zugänge mit kognitiven Erkenntnissen zu verbinden. Dabei eröffnet sich für sie die Chance, individuelle Fähigkeiten zu entdecken und zu nutzen und sich mit den Ausdrucksformen ihrer Mitmenschen auseinander zu setzen. Daraus sollen sich Impulse für das Denken in Alternativen, für die Relativierung eigener Standpunkte, für die Entwicklung eines kritischen Kunstverständnisses und für die Anerkennung von Vielfalt als kultureller Qualität ergeben. Die kreativ-gestaltende Arbeit soll im Spannungsfeld von Selbstverwirklichung und sozialer Verantwortung als individuell bereichernd und gemeinschaftsstiftend erlebt werden.

Der Lehrplan der allgemeinbildenden höheren Schulen (Sekundarstufe I) stimmt mit jenem der Neuen Mittelschule fast wortgleich überein.

Quelle: https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/lp/lp_abs.html

5. Reflexionen zu Methoden, die den Grundsatz „Children inspire children“ enthalten

Kinder lernen von/mit Kindern

Ausgehend von pädagogischen Impulsen der Montessorischulen („Hilf mir, es selbst zu tun“) und der Freinet-Methoden („Den Kindern das Wort geben“) entwickelten sich in den österreichischen Alternativschulen Unterrichtsformen, in denen den Kindern zahlreiche Möglichkeiten geboten werden, voneinander und miteinander zu lernen. Dazu gehören auch die Rudolf-Steiner- Schulen. Diese Schulen sind allerdings allesamt Privatschulen.

Doch auch im staatlichen Schulbereich finden Elemente alternativer Unterrichtsformen Eingang. Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Projektunterricht, offene Lernphasen gehören bereits weitgehend zum schulischen Alltag. In Schulversuchen werden weitere reformpädagogische Elemente erprobt.

Dies soll am Beispiel des Schulversuchs „Wiener Reformpädagogische Mehrstufenklasse“ veranschaulicht werden:

Unterschiedlichkeit, Anders sein, also Vielfalt wird in diesem Modell nicht als störend empfunden, sondern vielmehr als Lernchance und Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung für alle Kinder.

Durch das Wiener Modell „Mehrstufenklasse mit reformpädagogischem Schwerpunkt“ wird diese „natürliche Vielfalt“ bewusst erhalten. 6-10 jährige Kinder leben, arbeiten und lernen miteinander und voneinander gemeinsam in einem Klassenverband.

Es bestehen zahlreiche Möglichkeiten, den Unterricht zu öffnen, ihn bedürfnisorientiert, vielfältig und für jedes Alters- und Lernniveau interessant zu gestalten.

  1. Öffnen des Zeitrahmens
  2. Kinder können im Wiener Modell ihre Volksschulzeit in 3 bis 5 Jahren ohne Wechsel des Klassenverbandes durchlaufen. Diese Möglichkeit trägt dem natürlichen, gerade in diesen Jahren sehr unterschiedlichen Entwicklungstempo Rechnung.

  3. Öffnen des Sozialrahmens
  4. Kinder lernen und spielen unabhängig ihres Alters mit unterschiedlichen PartnerInnen und erweitern so ihre Sozialkompetenz. Den SchülerInnen werden Beziehungen zu jüngeren, älteren und gleich alten Kindern ermöglicht. Mehrere PädagogInnen stehen als Bezugspersonen zur Verfügung. Kinder mit besonderen Bedürfnissen finden hier ideale Bedingungen.

  5. Öffnen des inhaltlichen Rahmens
  6. Unterrichtsthemen werden auch von Kindern eingebracht. Einzelne Kinder, Gruppen oder die gesamte Klasse setzen sich damit auseinander.

  7. Öffnen für verschiedene Arbeitsweisen
  8. Ein vielfältiges Lernangebot und vielfältiges Arbeitsmaterial bietet allen Lerntypen die Möglichkeit, sich neue Inhalte selbsttätig oder begleitet anzueignen.

  9. Öffnen des Lernraumes
  10. Während der Freiarbeit wählen die Kinder ihren Arbeitsplatz selbst. Im Idealfall stehen mehrere Räume zur Verfügung

  11. Öffnen der Beurteilungsform
  12. Kommentierte Direkte Leistungsvorlage, Verbale Beurteilung, Pensenbuch und Lernfortschrittsdokumentation bilden die Vielfalt des Lernens ab. Sie stellen „das lernende Kind“ in den Mittelpunkt der Betrachtung und dokumentieren den persönlichen Lernzuwachs.

6. Ausgewählte Methoden, die im Rahmen des EUROCHNGE-Projekts eingesetzt werden können (kollaborative Kunstgestaltung; interkulturelle Online-Pädagogik; kollaboratives Storytelling und Poetry)

Von der Alltagskultur zum Kulturerbe

Die Auseinandersetzung von Kindern im Alter von 9 – 12 Lebensjahren mit dem materiellen und dem immateriellen Kulturerbe im Unterricht.

Erfahrungsgemäß haben Kinder dieser Altersgruppe noch keine Scheu, wenn sie vielfältigen kulturellen Ausformungen begegnen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen bzw. sich auf diese einzulassen. Dennoch empfiehlt es sich, zunächst von der Alltagskultur der Kinder auszugehen, sie dort abzuholen, wo sie täglich – meist ohne dass es ihnen bewusst wird – Kultur leben und erleben.

Die folgenden Beispiele sollen veranschaulichen, welche Wege mit welchen Mitteln zur Begegnung und Auseinandersetzung mit dem Kulturerbe beschritten werden können unter besonderer Berücksichtigung der drei Schwerpunkte des vorliegenden Projekts:

Wer wir sind

Alle haben einen Familiennamen und einen oder mehrere Vornamen

Wie wir wohnen

Möbel

Sucht berühmte Möbelwerkstätten im Internet!

Wo könnt ihr alte Möbel besichtigen?

Wohnräume schmücken

Wir hören und machen Musik

Musik hören

Musik machen

Weitere Themen:

Immaterielles Kulturerbe im Klassenzimmer

Durch die entsprechend Präsentation von Bräuchen und Praktiken soll weltweit ein neues Verständnis für regionale Besonderheiten entstehen und ein wichtiger Beitrag zu deren Erhaltung geleistet werden.

Ob Tanz, Theater, Musik, Brauchtum, Feste, Schutz der Umwelt, Naturwissen oder Handwerkstechniken-alles wird von menschlichem Wissen und Können getragen.

Im Kontakt mit Orten im eigenen Land sowie weltweit, könnten Bräuche oder Praktiken gegenseitig vorgestellt werden. Dabei käme den alten, wie auch den neuen Medien wesentliche Bedeutung.

In einer solchen überregionalen oder internationalen Partnerschaft würde neben dem Stolz auf die eigene Tradition auch das Kennenlernen anderer Traditionen, das Verständnis und der Respekt vor fremden Sitten und Gebräuchen gefördert und die Bildung eines identitärem völkischen Weltbildes verhindern.

Alle Trägerschaften (Gruppen, Vereine, Einzelpersonen) des Immateriellen Kulturerbes in Österreich können Beispiele guter Praktiken in fünf Kategorien einreichen:

Die Österreichische UNESCO-Kommission wählt gemeinsam mit Expert*innen des IKE-Beirats aus den Einreichungen jene Projekte und Maßnahmen aus, welche die Zielsetzung der Konvention am besten unterstützen und beispielhaft sind.

Immaterielles Kulturerbe wird in fünf Bereichen zum Ausdruck gebracht:

Ausgewählte Beispiele aus der Liste „Österreisches Kultur- und Naturerbe“ können dabei als Grundlage für die Unterrichtsarbeit dienen und mit unterschiedlichen Arbeits- und Lernformen das Interesse der jugendlichen Zielgruppe ansprechen.

So ist z.B.: „Märchenerzählen“ nicht nur eine Kunst der Unterhaltung auf spielerische und geistig anregende Weise sondern kann auch durch Ausblicke in Entstehungszeit, Ort des Geschehens, handelnde Personen, angestrebtes Verhalten, usw. ferne Zeiten in der eigenen Fantasie entstehen lassen, Spielszenen gestalten und die Handlung auf ihre Auswirkungen überprüfen. Welche Rolle spielen zauberhafte Wesen? Was hilft bei der Bewältigung der geforderten Aufgaben, und Ähnliches mehr. (Siehe auch „Erzählen im Montafon“ Lokaltypische Sagen und Erzählungen mit Inhalten, Wertvorstellungen aus dem 19.Jhdt durch Erzählgemeinschaften )

Das Forschen nach „Slowenischen Flur- und Hofnamen“ ist z.B.: eine wichtige Quelle zum Verständnis für die wirtschaftlichen, sozialgeschichtlichen und sprachlichen Entwicklungen im Kärntner Grenzland. Für Einheimische ebenso wie für Schulklassen auf Sport- oder Landschulwochen. Als detektivische Tätigkeiten (Nachschlagen in Bibliotheken, Interviewen von Einheimischen, Fotosafaris zum Sammeln von Straßennamen, Denkmälern, Namen etc.) , die dann gemeinsam präsentiert und ausgewertet werden.

Der „Wiener Dudler“ – ein wichtiger Bestandteil der Wiener Gesangskultur- und seine Herkunft und Unterschiede zum Jodler kann Grundlage eines etwas anderen musikalischen Projekts sein, das ihn mit aktuellen Musiktrends wie z.B.: Rap, vergleicht und dazu eigene Texte und Melodien kreiert, aufzeichnet, darbietet usw...

Die „Österreichische Volkstanzbewegung“ ist eine andere Möglichkeit sich der Musik zu widmen. Hier nimmt man Anleihen aus ländlichen oft nur noch in Resten erkennbaren Traditionen. Diese werden nicht nur gesammelt und für die Nachwelt gesichert sondern auch gelehrt und somit vor dem Aussterben bewahrt. Altersmäßig bunt durchgemischten Tanzgruppen macht die Darbietung auf Feiern und Festen und besonders in Sendungen des ORF sichtlich besonderen Spaß, ebenso zahlreichen Touristen und Einheimischen als Zuschauer.

Auch das 1818 komponierte Lied „Stille Nacht-das Lied zur Weihnacht“ bildet für zahlreiche Menschen weltweit einen Fixpunkt des Heiligen Abends. Es bietet aber auch Anlass, unsere Feier zu Christi Geburt mit ähnlichen Feiern in anderen Kulturkreisen und Religionen zu vergleichen. Wann finden dort die wichtigsten Feste im Jahreskreis statt und wie werden sie begangen?

Das „Maultrommelspiel in Österreich“ zählt zu den ältesten Musikarten der Menschheit und ist vor allem bei den asiatischen Turkvölkern verbreitet. Es bietet gute Gelegenheit, mit Menschen aus diesen Kulturkreisen in Kontakt zu kommen und zu erfahren, wie es dort gespielt wird, zu welchen anderen Instrumenten es gut passt, und Ähnliches mehr... (Siehe auch „Erzeugung der Mollner Maultrommel“)

Die „Hinterglasmalerei in Sandl“ wird wiederum eine ganz andere Zielgruppe ansprechen. Hier kann man handwerkliches Können und Geschick erlernen und üben. Das oft schon nach kurzer Zeit motivierende Ergebnis eignet sich auch bestens als Geschenk für liebe Verwandte und Freunde.

Ein besonderer Schatz in Zeiten biologischen Anbaus könnte „Das Wissen um traditionellen Samenbau und Saatgutgewinnung“ sein. Alte Pflanzensorten spielten in Österreich und seinen kleinräumigen und oft extremen Standorten eine bedeutende Rolle. Das Wissen um Samenbau, Samenernte, Selektion, Reinigung und Lagerung kann auch in Biologie und Umweltkunde auf praktische und haptische Art über das ganze Jahr verteilt weitergegeben werden. Das Warten auf die Ergebnisse erhöht dabei das Interesse und sorgt für Spannung.

Da es in Österreich viele Natur- und Kunsteisbahnen gibt, kann mit einigem Geschick auch das „Rundtanzen am Eis“ versucht werden. Über Anleitung eingeweihter Amateure oder Eistanzprofis werden Jugendliche relativ rasch zu einem befriedigenden Ergebnis kommen. Eine echte Alternative zum Eishockey und ausgesprochen unterhaltsam.

Die verschiedenen saisonalen Festbräuche in Bundesländern und Bezirken schaffen zudem die Möglichkeit, Mitwirkenden und Publikum mit hausgemachten Speisen, Süßigkeiten und Getränken zu verwöhnen.

So verdichten sich die jeweiligen individuellen Eindrücke über Tradition und kulturellen Hintergrund.

7. Schlussfolgerungen (im Hinblick auf die Erwartungen gegenüber dem EUROCHANGE-Projekt)

In Österreich müssen alle Schüler ab dem 6. Lebensjahr die Grundschule – Volksschule genannt – besuchen. Das österreichische Schulsystem sieht vor, dass im 4. Schuljahr (4. Klasse) die Lehrerin entscheidet, ob der einzelne Schüler in der Sekundarstufe I die weiterführende Pflichtschule, die Mittelschule, besuchen muss oder ob er die weiterführende allgemeinbildende höhere Schule, das Gymnasium, besuchen darf.

Unzählige Studien belegen, dass die Entscheidung der Lehrerin maßgeblich vom Elternhaus insofern beeinflusst wird, als Schüler von bildungsbewussten Eltern, die meistens auch selbst eine höhere Bildung aufweisen, weitaus besser gefördert werden als Schüler aus bildungsfernen Elternhäusern.

Mitte des 20. Jahrhunderts wurden im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs ausländische Arbeitskräfte nach Österreich geholt. Durch den Familiennachzug kamen vermehrt Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache an die Schulen. Dazu stießen Kinder von Flüchtlingen aus dem Jugoslawienkrieg. Nach dem Eintritt Österreichs in die EU war das Land offen für alle EU-Bürger. Die nachhaltigste Auswirkung auf die Schulen hatte die Flüchtlingswelle, die vom Syrienkrieg ausgelöst wurde. Diese Wirkung hält bis heute an und stellt besonders die Grundschulen und die Mittelschulen vor große Herausforderungen.

In den Gymnasien herrscht nach wie vor das Selektionsprinzip vor. Schüler, die den Lehrstoff nicht ausreichend beherrschen, müssen die Schule verlassen.

In der Mittelschule dominiert das Förderprinzip – Förderung des Begabungspotentials jedes Schülers, Kompensation noch nicht ausreichender Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten.

In einem seltsamen Kontrast zu diesen Problembereichen enthält das Schulsystem auch viele Freiräume. Die österreichischen Lehrpläne geben zahlreiche Impulse, moderne Unterrichtsformen und -methoden zu praktizieren. Der Lehrer genießt Methodenfreiheit, soweit die von ihm gewählte Methode einer zeitgemäßen Didaktik entspricht. Die Schulen genießen weitgehend Autonomie. Öffentliche Schulen übernehmen alternative Unterrichtsformen oder kreieren eigene alternative Schulmodelle (Lernwerkstatt, Mehrstufenklassen, Mittelschulen mit musisch-kreativen Schwerpunkten...).

Ob und in welchem Ausmaß sie im Unterricht konkretisiert werden, hängt von den Lehrern und Schulleitern in den jeweiligen Schulen ab. Von großer Bedeutung ist auch die Beschaffenheit des Schulklimas:

Steht das Wohl des Schülers im Mittelpunkt? Werden häufig Partnerarbeit und Gruppenarbeit praktiziert? Ist der Schulleiter für alternative Unterrichtsformen aufgeschlossen? Ist er aktiv bei der Schaffung von entsprechenden Rahmenbedingungen (Raum-, Budget- Materialplanung)?

Der Bedarf an Unterstützung für jene Schulen, die einen hohen Migrantenanteil aufweisen, ist jedoch sehr hoch. Deshalb wird das Projekt „EUROCHANCE – Children inspire children“ mit Sicherheit sehr willkommen geheißen. Mit Hilfe des von der internationalen Gruppe entwickelten Materials können die Kinder die Kompetenz erwerben bzw. erweitern, anderen Kindern ihr kulturelles Erbe nahe zu bringen. Auf diese Weise sind sie imstande, einen Beitrag zur sozialen Integration und zu einem multikulturellen Europa zu leisten.

8. Quellen: